Das muss ein Stück vom Himmel sein
Von außen ist die Pracht der Mussenhauser Kirche kaum zu ahnen
Von Josef Hölzle
In der prächtig ausgestatteten Wallfahrtskirche „Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel“
in Mussenhausen scheint der Himmel offen zu stehen.
Die Wallfahrtskirche von Mussenhausen hat leider ein Problem. Bescheiden am Rande des Dorfes im Auerbachtal stehend, lässt sich das wunderbare Innere der Rokokokirche von außen kaum erahnen. So eilen viele Menschen ahnungslos vorbei. Dabei hat sogar der Bayerische Rundfunk schon vor Jahren in seiner Sendereihe „Unbekanntes Bayern" das kleine Mussenhausen als Unterallgäuer Wallfahrtsort vorgestellt. Der BR hat dabei das Dorf eingereiht in so berühmte bayerische Gnadenstätten wie Vierzehnheiligen, Vesperbild oder Altötting. Die Wallfahrtskirche trägt den Namen „Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel" und ist eine Filialkirche der benachbarten Pfarrei Eutenhausen.
Im Mussenhausener Wallfahrtsführer steht anschaulich, wie es dann weiter gegangen ist: „Da in Mussenhausen keine Kirche stand, errichtete Philipp Schropp anno 1649 eine Kapelle aus Brettern und Lehm, in die sein Bruder das Gemälde „Maria vom Berge Karmel" malte. Es ist das Gnadenbild, das heute in goldenem Strahlenkranz auf dem linken Seitenaltar steht. Voraus ging eine Gebetserhörung Philipp Schropps. Als immer mehr Gebetserhörungen bekannt wurden und Wallfahrer aus den umliegenden Orten zur Kapelle kamen, wurde 1653 der Grund gelegt zu einer Kapelle aus Stein ...".
Dieses Wallfahrtsbild von Mussenhausen stammt aus dem Jahr 1880
Die Wallfahrt als Folge der Vision wurde also Mitte des 17. Jahrhunderts begründet. Aus ihr heraus wurde dann stufenweise der Kirchenbau angegangen. An die ursprüngliche Kapelle wurde im Jahre 1669/71 das jetzige Langhaus angebaut. Auch der 41 Meter hohe Turm wurde angefügt. Der Chor wurde ein paar Jahre später durch einen höheren ersetzt. Anno 1698 hat man dann an die Westseite der Kirche ein „Klösterl" angebaut, in dem ab 1700 nacheinander 34 Wallfahrtspriester wohnten.
Bis 1984 lebten noch Kapuziner im kleinen Kloster
Doch ab Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Zeiten für die Wallfahrt schlechter geworden. Um sie vor dem drohenden Niedergang zu retten, wurden im Jahre 1858 Kapuziner aus Altötting gewonnen. Sie wohnten im erweiterten Klosterbau und wirkten bis zum Jahre 1984 in Mussenhausen. Seit deren Abschied steht der Klosterbau leer – und steht auch zum Verkauf. Doch die Wallfahrt ging weiter.
Zurück zur Geschichte des Kirchenbaus. Im 18. Jahrhundert wurde das Gotteshaus im Rokoko-Stil prächtig ausgestaltet. Es erhielt dabei sein heutiges Aussehen. Wessobrunner Stuck wurde angebracht. Der berühmte schwäbische Freskenmaler Johann Baptist Enderle schuf in den Jahren 1756 und 1763 die imposanten, ja triumphalen Deckengemälde. Als weitere Glanzpunkte der wunderbaren Wallfahrtskirche wurden das von Mindelheimer Meistern gefertigte Chorgestühl, die 14 lebensgroßen Kreuzwegstationen und der barocke Aufbau des Hochaltars geschaffen.
„Den Eintretenden überrascht der farbenfrohe, reich vergoldete Innenraum", heißt es im Kirchenführer. Dieser zitiert auch ein Schreiben des Pfarrers aus dem Jahre 1775 an das Ordinariat: „In vielen Städten und Flecken wird kein schöneres und prächtigeres Gotteshaus vorfindig gemacht werden können".
Idyllisch präsentiert sich die Kirche in Mussenhausen im Licht des Sonnenaufgangs.
Von außen sieht man dem kleinen Gotteshaus kaum an, wie prächtig der Innenraum ausgestattet ist
Daran hat sich nichts geändert. Mussenhausen mit seiner gut 350 Jahre alten Marienwallfahrt bietet den Gläubigen und Wallfahrern von heute nicht nur ein wundersames Gnadenbild, sondern vor allem ein Gotteshaus von überragender Schönheit – ja fast einen Blick in den Himmel. Diese Wallfahrtskirche wurde vor zwei Jahren saniert und behutsam renoviert. Seitdem erstrahlt sie wieder in ursprünglicher Pracht und offenbart sich als eine der schönsten Kirchen in unserer mit wunderbaren Gotteshäusern so gesegneten Region.
(Quelle: Mindelheimer Zeitung, 20.05.2011)